So alt wie die Geschichte der Menschheit ist auch das Bemühen der Menschen, die Natur zu begreifen. Unter allen Gebieten menschlichen Wissens, die das Leben so tiefgreifend verändert haben, steht zweifellos die Naturwissenschaft an erster Stelle. Schritt für Schritt wurde die Natur erobert. Immer suchten die Menschen nach Erklärungen der Erscheinungen und Zusammenhänge, sammelten Erfahrungen und versuchten den Ursprung und die Veränderung der Welt zu erklären. Es wurde gemessen, experimentiert und theoretisch verallgemeinert.
So heute erkennen wir, was der Begriff „Wissenschaft“ bedeutet und wie sich die Wissenschaft entwickelt.
Was ist Wissenschaft?
Das Wort „Wissenschaft“ stammt aus mittelhochdeutschem wizzenschaft und bedeutet „Wissen“, „Vorwissen“.
Wissenschaft bezeichnet die Gesamtheit des menschlichen Wissens, der Erkenntnisse und der Erfahrungen einer Zeitepoche, welches systematisch erweitert, gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird.
Die Wissenschaft ist ein selbstverständlicher Teil unserer Kultur und Gesellschaft. Doch das war nicht immer so. Sie hat sich über Tausende von Jahren entwickelt, bis sie zu dem wurde, was sie heute ist.
Wie entwickelte sich die Wissenschaft?
Dabei gibt es 5 Etappen der wissenschaftlichen Entwicklung:
· Antike Zeit (bis 5. Jahrhundert);
· Mittelalter (von 5. bis 15. Jahrhundert);
· Neuzeit (die 15.-19. Jahrhunderte);
· Zeitgeschichte (das 20. Jahrhundert);
· Moderne Periode (heutige Zeit).
Lernen wir jede Etappe besser kennen!
Antike Zeit (bis 5. Jahrhundert)
Wissenschaft nimmt ihre Anhänge in der Urgesellschaft. Sie befriedigt die Lebensbedürfnisse der Menschen und wurde eng mit Religion verbunden. Götter und Halbgötter nahmen die Rolle ein, die heute die Naturgesetze spielen.
Die Beschreibung der Welt steht im Vordergrund und setzt sich fort im Versuch, eine Erklärung zu finden. Bis zum sechsten vorchristlichen Jahrhundert war die Wissenschaft in Mythen und Legenden gefangen.
In den folgenden zwei Jahrhunderten entstand die klassische griechische Wissenschaft, die mit der Philosophie (= Liebe zur Weisheit) eng verknüpft. Erstmals wurde Wissen in einer Institution gemeinsam erarbeitet und auch gelehrt: die „Platonische Akademie“ in Athen.
Solche Gelehrten wie Thales, Heraklit, Archimedes, Pythagoras, Hippokrates gründeten eine Basis vieler Wissenschaften.
Viele Wissen und Arbeiten aus der griechischen Antike wurden durch den Zerfall des Römischen Weltreichs im Jahr 476 n. Chr. und durch die Völkerwanderungen verloren.
Die Bücher und Materialien wurden in den Klöstern bewahrt und händisch abgeschrieben.
Mittelalter (von 5. bis 15. Jahrhundert)
Mit der Schaffung erster Universitäten Bologna in Italien, Paris in Frankreich und Oxford in England im späten 11. und 12. Jahrhundert entstanden Stätten der Lehre des Wissens.
Die geistige Beherrschung der Welt durch die christliche Kirche war offensichtlich. Sowohl im geistigen als auch im politischen Leben war die Kirche im Mittelalter eine äußerst einflussreiche Kraft.
Aber auch das Mittelalter führte zu einer Weiterentwicklung der Wissenschaft. Form, Logik und Forderung von Theorien rückten ins Zentrum der Forschung.
Grundlage dafür bildete das überlieferte antike Wissen, das war die Basis für die eigentlichen Wissenschaften im Mittelalter. Spätantike Schriften über Astronomie, Geografie oder Geometrie wurden neu übersetzt und damit der westlichen Welt zugänglich gemacht.
Das vorhandene Wissen wurde in das System der „sieben freien Künste“ zusammengefasst:
· Grammatik,
· Rhetorik,
· Dialektik,
· Musik,
· Astronomie,
· Arithmetik,
· Geometrie.
Dieses System behielt über das gesamte Mittelalter Gültigkeit.
Unterrichtssprache war Latein. Die Lehrer und Studenten einer mittelalterlichen Universität waren eine besondere Gruppe. Sie hatten eigene Regeln und sogar eine eigene Gesetzgebung. Die Studenten hatten keine Bücher und hörten einfach die Lektion der Lehrer.
Einen besonders wertvollen Dienst erwies der arabische Gelehrte Averroës (1126 bis 1198) der europäischen Geisteswelt: Er kommentierte fast das gesamte Werk des Philosophen Aristoteles und legte damit einen der Grundsteine für die Lehren der Scholastik. Das ist mittelalterliche Philosophie, die auf Logik und kirchliche Wissen basiert.
Neuzeit (die 15.−19. Jahrhunderte)
Mit Ende des Mittelalters und dem Beginn der Renaissance änderte sich vieles. Diese Periode wird als „Geburtsstunde der modernen Wissenschaft“ oder „Revolution in der Wissenschaft“ bezeichnet. Die Revolution begann im 15 Jahrhundert und dauerte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.
Im 15. Jahrhundert erfuhr Europa erstmals über das Drucken, das bisher nur in China bekannt war. Diese Erfindung gehörte dem Deutschen Johannes Gutenberg, der im Jahr 1450 die Methode der Buchprodiktion revolutionierte. Es war eine großartige Entdeckung. In allen Ländern Europas erschienen die Druckereien. Das Buch wurde schon keine Seltenheit und war billiger und erschwinglicher. Der Buchdruck trug zur schnellen Verbreitung der Ausbildung und der Entwicklung der Wissenschaft bei.
Entdeckungsreisen brachten ein neues Bild von der Welt. 1519-1522 war die erste Weltreise der spanischen Expedition unter der Leitung eines hervorragenden Seefahrers Fernando Magellan. Diese Reise hatte eine große Bedeutung: Sie bewies, dass die Erde ein Ball ist.
Am wichtigsten war aber die langsame Loslösung der Wissenschaft von kirchlichen Glaubensvorstellungen. Wegbereiter dabei waren Galileo Galilei, Nikolaus Kopernikus und Johannes Kepler. Sie widerlegten mit wissenschaftlichen Methoden das bestehende Weltbild, dass die Sonne im Mittelpunkt unseres Sonnensystems steht und die Erde und all die anderen Planeten die Sonne auf ellipsenförmigen Bahnen umkreisen.
Da diese Beweise jedoch nicht im Einklang mit der kirchlichen Vorstellung des geozentrischen Weltbildes standen, verurteilten diese Keplers und besonders Galileis Nachforschungen.
Deshalb erklärte die Kirche die Lehren des Kopernikus und deren eindeutigen Beweise durch die beiden Forscher für unsinnig und verbrannte ihre Manuskripte. Galilei wurde sogar zur Inquisition eingeladen und musste, unter Androhung seiner Ermordung, abschwören die Kopernikanische These für richtig zu halten.
Andere Wissenschaftler wurden auf diese Ergebnisse aufmerksam, ergänzten anderes und forschten aufs Neue. Der Kreislauf der modernen Wissenschaft kam in Bewegung. Das galt nicht nur für die Astronomie, sondern für alle Wissensbereiche.
Das ständige Wachstum an Wissen eröffnete ständig neue Perspektiven.
In der Renaissance erlebte die Geographie eine neue Blütezeit. Durch den Buchdruck erfuhren geographische Schriften und Karten eine weite Verbreitung. Vermessung und Kartographie machten große Fortschritte, entstand „praktische Mathematik“. Die Entdeckungen in Afrika, Asien und Amerika veränderten grundlegend das geographische Weltbild.
Auch die Medizin entwickelte sich. Dank dem schweizerisch-österreichischen Arzt und Alchemist Paracelsus entstanden die ersten Arzneimittel.
In der Zeit um 1500 bricht in Europa eine neue Epoche an.
Die Renaissance ist nicht nur eine Abkehr von mittelalterlichen Dogmen, sondern zeigt sich auch in grundsätzlich neuen Sichtweisen des Menschen von der ihn umgebenden Welt. Sowohl auch in allen Wissenschaften steht der Mensch im Mittelpunkt.
Das war die Zeit der Entdeckungen in den Bereichen Mathematik, Physik, Astronomie, Biologie und Anatomie, Chemie.
Die Bücher „Über die Umschwünge der himmlischen Kreise“ von Nikolaus Kopernikus und „Über die Struktur des menschlichen Körpers“ von Andreas Vesalius, die im Jahr 1543 veröffentlicht wurden, galten als Grundsteine der wissenschaftlichen Revolution.
Im 17. Jahrhundert wurden erstmals wissenschaftliche Errungenschaften für Interesse der Gesellschaft benutzt.
Besonders erlaubte Issac Newton der Wissenschaft einen großen Schritt vorwärts. Mit seinem Gravitationsgesetz im Jahre 1663 legte er den Grundstein für die klassische Mechanik. So das Hauptgebiet des Wissens in der klassischen Wissenschaft war Physik. Und alle anderen Bereiche basieren auch darauf.
Die Wissenschaft wurde immer populär. Die Grundlage war dafür Slogan von englischem Philosophen Francis Bacon „Wissen ist Macht“.
Es entstanden die ersten Einrichtungen aller Wissenschaftler: Akademie der Wissenschaften. Im Jahr 1603 erschien die erste - die Römische Akademie der Wissenschaften. 1622 wurde die Royal Society (Königliche Gesellschaft) in England gegründet. 1703 wurde I. Newton ihr Leiter.
Diese Zeit wird durch Namen wie Descartes, Newton, Bacon, Pascal und viele andere bekannt.
Im 18. Jahrhundert begann die sogenannte industrielle Revolution. Sie führte zu einer stark beschleunigten Entwicklung von Technik, Produktivität und Wissenschaften. Das führte zu einer der größten technischen Errungenschaften der industriellen Revolution - die Schaffung einer Dampfmaschine. Der Verdienst dabei gehört dem englischen Erfinder Thomas Newcomen.
Dem englischen Erfinder James Watt gelang es 1784 eine universelle Dampfmaschine herzustellen, die in verschiedenen Industriezweigen nutzten kann. Watts Erfindung führte zu radikalen Veränderungen in den Technologien des 18.−19. Jahrhunderts: zuerst in der Industrie, und dann im Transport.
Das 19. Jahrhundert wurde durch die größten Erfindungen in Physik charakterisiert. Michael Faraday und Andre-Marie Amper schufen den ersten elektrischen Generator und elektrischen Motor. Es entstand die Möglichkeit die Elektrizität zu produzieren und sie über große Entfernungen zu übertragen.
1869 entdeckte Mendelejew ein periodisches Gesetz und schuf ein periodisches System von chemischen Elementen. So wurde metallurgische Industrie entwickelt.
1859 veröffentlicht Charles Darwin das Werk „Der Ursprung der Arten durch natürliche Selektion“. Darwin erklärte den Ursprung des Lebens und revolutionierte die Naturwissenschaft.
Es wurden viele Universitäten geöffnet, die Kommunikation zwischen den Wissenschaftlern stieg, Wissenschaftliche und technische Ausstellungen und Konferenzen erschienen.
Zeitgeschichte oder zeitgenössische Geschichte (das 20. Jahrhundert)
Das 20. Jahrhundert brachte außerordentliche technische Veränderungen mit sich. Diese Periode nennt man auch „Revolution in den Naturwissenschaften“. Nicht umsonst. Zu dieser Zeit gab es auf allen Gebieten der Naturwissenschaft bedeutende Errungenschaften und Entdeckungen, die auf die ganze Welt wirkten.
Revolutionäre Entdeckung im physischen Weltbild wurde von dem großen Physiker Albert Einstein gemacht, der 1905 eine spezielle und 1916 allgemeine Relativitätstheorie schuf.
Im Jahr 1932 bewies James Chadwick die Existenz eines Neutrons. Diese Entdeckung diente als Impuls für die Entwicklung der Kernenergie.
1947 Walter Brattein, John Bardeen und William Shockley entdeckten die Eigenschaften eines Halbleiters. So entstand Transistor, der als Grundlage aller Computer und Radioelektronik war.
Große Erfolge haben Chemie, Medizin, Biologie, Biochemie erreicht.
Die Liste der wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts ist sehr groß. Es wurde mehr entdeckt und erfunden, als in der ganzen vorausgegangenen Menschheitsgeschichte.
Moderne Periode (heutige Zeit)
Naturwissenschaft und Technik entwickeln sich heute in riesigem Tempo. Unser Wissen verdoppelt sich alle fünf bis zehn Jahre.
Die Megatrends in der Wissenschaft kann man schon heute sehen. Sie liegen vor allem in den Bereichen Nanotechnologie, Lasertechnik, neue Werkstoffe, Softwaretechnik und Biotechnologie und sind geprägt von wachsender Vernetzung von Informationen.
Die Gentechnik hat ein neues Niveau erreicht. Man kann sogar Gene ändern!
Es wurden das erste und vollständig autonome künstliche Herz und biomechanische Geräte und Prothesen, die durch die Anstrengung des Denkens kontrolliert werden, erfunden.
Es entstanden die schnellsten Supercomputer.
Rechenmaschinen sollen ganze Betriebe leiten. Eine Epoche bricht an, in der die Maschinen jede Handarbeit ersetzen.
Die Welt ändert sich so schnell, dass man die Zukunft genau nicht beschreiben kann. Die Entdeckungen sind so wunderbar, dass es scheint, dass wir in einer phantastischen Welt leben!
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Die Geschichte der Wissenschaft ist sehr reich, interessant und erstaunlich. Man kann sicher sagen: Wissenschaftliche und technische Fortschritte machten fraglos die Verbesserung und Steigerung der Höherentwicklung der Zivilisation, Kultur und der menschlichen Lebensbedingungen.
„Der Fortgang der wissenschaftlichen Entwicklung ist im Endeffekt eine ständige Flucht vor dem Staunen“.
Albert Einstein (1879–1955).